Der Lechbrucker Florian Fischer (44) ist Rollstuhl-Coach und Motivator für Menschen mit Behinderung.
Es folgt der Bericht von Kathrin Zillenbiehler / Merkur.de
Seit über einem Jahr war Florian Fischer aus Lechbruck nicht mehr in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik (UKM) in Murnau. Der Vorsitzende des Rollstuhlsportvereins (RSV) Murnau bedauert es, dass aufgrund der Corona-Pandemie das regelmäßige Vereinstraining nicht stattfinden kann.
Lechbruck – Nachdem Fischer 1997 mit 19 Jahren durch einen Skiunfall querschnittsgelähmt wurde, verbrachte er ein halbes Jahr Reha in Murnau, wo man ihm durch sportliche Aktivitäten das eigene Körpergefühl wieder näherbrachte und das Leben im Rollstuhl einübte.
Der RSV trifft sich normalerweise jeden Mittwoch und versucht, junge „Frischverletzte“ aus dem südlichen Oberbayern und Schwaben an die Hand zu nehmen, ihnen durch Patienteninfos eine Richtung zu geben und Möglichkeiten aufzuzeigen. Für Fischer damals ein enorm wichtiges Training. „Und irgendwie bin ich beim Basketball hängen geblieben“, sagt der Lechbrucker.
Eigentlich eine untertriebene Beschreibung für einen Sportler, der von 2004 bis 2011 in der Nationalmannschaft gespielt hat und im Jahr 2008 an den Paralympics in Peking teilnahm. Nach seiner aktiven Karriere machte der 44-Jährige den Trainerschein und war von 2014 bis 2016 Bayerischer Landestrainer – und bis zum Beginn der Pandemie Co-Trainer.
Berührungsängste bei Kindern und Jugendlichen abbauen
Beruflich steht er auch jetzt noch Verletzten bei, wenn er in der Fachklinik Enzensberg in Hopfen als Rollstuhl-Coach versucht, einen positiven Blick auf das Leben trotz Behinderung zu vermitteln. Außerdem engagiert sich der Lechbrucker seit 15 Jahren für Projekte in Schulen in der Umgebung, um Berührungsängste gegenüber Behinderten bei Kindern und Jugendlichen abzubauen.
Mit zahlreichen Rollstühlen im Gepäck, können die Schüler in der Turnhalle dann selber ausprobieren, wie anstrengend das Basketballspiel auf Rädern ist, aber auch, wie viel Spaß es macht. Das Rollstuhl-Basketball ist zudem eine sogenannte integrative Sportart, bei der auch ein gewisser Anteil an Nichtbehinderten mitmachen kann.
Fischer tut es leid, dass der Verein „Frischverletzten“ seit so vielen Monaten nicht mehr im Klinikum und in der Sporthalle Perspektiven aufzeigen und Außenreize anbieten kann. Fischer möchte aber auch dafür werben, sich Hilfe zu holen: 2019 wurde er von der Krankenkasse ermutigt, sich Unterstützung im Haushalt zu holen, die mit dem sogenannten Entlastungsbetrag abgerechnet werden könne.
Unkompliziertes Miteinander
Nach verschiedenen Anfragen stieß er auf den Bürgerverein am Lech, der mit geschulten ehrenamtlichen Helfern diese Hilfe anbieten und auch die nötige Ausbildung der Helfer vorweisen kann, damit die Tätigkeit abgerechnet werden kann.
Seit rund eineinhalb Jahren besucht ihn Anette Heißerer, um ihm bei Arbeiten zu helfen, die er aufgrund seiner Behinderung nicht alleine erledigen kann. Seine Selbstständigkeit und sein Mitwirken sind Fischer dabei sehr wichtig, und er schätzt das unkomplizierte Miteinander sowie die flexible Zeiteinteilung.
Auch Heißerer nimmt viel von ihren Einsätzen mit nach Hause und ist immer wieder beeindruckt, wie sich Fischer nach seinem Schicksalsschlag dem Leben gestellt hat und wie er nun versucht, im Verein oder als Rollstuhltrainer anderen etwas Positives an der Situation aufzuzeigen. Nicht zu vergessen sind die Aktionen in den Schulen, um für das Thema Behinderung zu sensibilisieren und Hemmschwellen abzubauen.
Der Zeitungsartikel vom Murnauer Tagblatt steht hier zum Download bereit
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